Am 7. Oktober wurde der Nobelpreis für Chemie an die Erfinder der Genschere CRISPR Cas9 verliehen. Die Technologie ermöglicht es, die Eigenschaften eines Organismus zu verändern, indem Teile des Erbmaterials entfernt und ersetzt werden. Die Befürworter der Technologie weisen auf die Möglichkeiten hin, beispielsweise Nutzpflanzen zu entwickeln, die Trockenheit besser standhalten oder höhere Erträge bringen. Doch kann die neue Gentechnik wirklich halten, was sie verspricht? Und welche Folgen könnte die Einführung der Technologie für die Lebensmittelproduktion haben?
Der Chemie-Nobelpreis wurde vergangene Woche an die französische Forscherin Emanuelle Charpentier und die amerikanische Forscherin Jennifer Doudna für die Entdeckung der Genschere CRISPR/Cas9 verliehen, die die Erbmasse von Organismen verändern kann. Die Schere hat mehrere Verwendungszwecke. Unter anderem kann es in der Medizin verwendet werden, um neue Behandlungen gegen Krebs zu entwickeln, und Forscher glauben, dass es in naher Zukunft zur Heilung schwerer Erbkrankheiten eingesetzt werden kann.
Die Landwirtschaft ist ein weiteres Einsatzgebiet der Schere. Die Befürworter glauben, dass die Technologie einen großen positiven Einfluss auf die Pflanzenzüchtung der Zukunft haben kann – dass mit Hilfe der Genschere Nutzpflanzen entwickelt werden können, die Trockenheit besser überstehen, einen höheren Ertrag bringen oder besondere Eigenschaften haben. In Schweden läuft bereits ein Projekt, wo mit Hilfe von CRISPR/Cas9 versucht wird, eine Kartoffel mit verbesserten Lagereigenschaften für die Stärkeindustrie anzubauen.
Unvorhergesehene Konsequenzen
Seit 1990 werden in der Landwirtschaft verschiedene Gentechniktechniken eingesetzt, um gentechnisch veränderte Organismen (GVO) herzustellen, die dazu bestimmt sind, selbst Gifte zu produzieren, die Schädlinge abtöten, oder die Eigenschaften aufweisen, die sie gegenüber chemischen Pestiziden tolerant machen. Da der Einsatz von GVO unvorhergesehene Folgen haben und Risiken bergen kann, wird die Technologie von der EU reguliert. Dies gilt auch für die neuen Gentechniken, darunter die Genschere CRISPR/Cas9, bei der es um eine direkte Veränderung tierischer oder pflanzlicher DNA geht. CRISPR hingegen unterscheidet sich von traditionellen GMO-Techniken dadurch, dass kein neues Merkmal von außen hinzugefügt wird, sondern man in die vorhandene genetische Masse schneidet und einfügt.
Von der Genschere wird oft das Bild vermittelt, dass es sich um eine Technologie handelt, die präzise Veränderungen in Pflanzen oder anderen Organismen ermöglicht und dass diese Veränderungen mit hoher Wahrscheinlichkeit die gewünschten Ergebnisse liefern. Dieses Bild deckt sich nicht ganz mit der Forschung auf dem Gebiet, die zeigt, dass Veränderungen im Erbgut oft unvorhergesehene Folgen haben. Eine Studie, die in der Fachzeitschrift veröffentlicht wurde Nature Methods zeigt, dass die Genschere Hunderte von unerwarteten Mutationen im Erbgut von Mäusen erzeugt hat. Eine weitere Studie veröffentlicht in BMC Biologie weist auf ähnliche Ergebnisse hin. In einem Interview für BMC Biology sagt die Hauptautorin der Studie, Lydia Teboul, eine Molekularbiologin, dass unerwartete Effekte häufig sind. Sogar Jennifer Doudna, die zusammen mit Emanuelle Charpentier die Genschere entdeckte, sagt in einem Interview mit der BBC dass sie sich Sorgen über die unerwarteten Folgen macht, die die Technologie mit sich bringen kann.
Biotech-Unternehmen wollen Regulierung vermeiden
Im Juli 2018 verstanden Europäischer Gerichtshof unter Berufung auf das Vorsorgeprinzip die Entscheidung, dass CRISPR und andere neue Gentechnologien unter die GVO-Gesetzgebung fallen sollen. Einige Biotechnologieunternehmen versuchen jedoch, die Verordnung zu umgehen und die Kosten zu vermeiden, die eine Risikobewertung mit sich bringt. Die Biotechnologieunternehmen sind unzufrieden mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs und fordern nun eine Überarbeitung des EU-GVO-Rechts, um zu verhindern, dass die neuen GVO-Technologien einer Risikobewertung, Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung unterliegen. Dadurch besteht die Gefahr, dass das Recht der Verbraucher auf Informationen über den Inhalt ihrer Lebensmittel gefährdet wird.
Rückverfolgbarkeit garantiert GVO-frei
Dank des Rückverfolgbarkeits- und Kennzeichnungssystems der EU können wir garantieren, dass sowohl die ökologische als auch die gentechnikfreie konventionelle Landwirtschaft in der gesamten Wertschöpfungskette gentechnikfrei sind. Um die Selbstbestimmung von Landwirten, Verarbeitungsbetrieben und Verbrauchern zu wahren, ist es notwendig, dass das geltende GVO-Recht erhalten bleibt und im Einklang mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs sowohl auf traditionelle als auch auf neue GVO-Technologien angewendet wird.
Die nachhaltige Landwirtschaft der Zukunft kommt ohne GVO aus
Um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern, brauchen wir weder alte noch neue GVO-Technologien. Wir brauchen eine innovative Landwirtschaft nach den Prinzipien des ökologischen Landbaus. Wir brauchen eine Landwirtschaft, die die Bauern gerecht entlohnt und die kollektiven Güter – wie die Biodiversität – verwaltet, die die Produktion gesunder und nachhaltiger Lebensmittel ermöglichen.
Abbildung: ©Johan Jarnestad/The Royal Swedish Academy of Sciences.